Das Schulbuch als Medium des Unterrichts

Wie geht man mit dem Schulbuch sinnvoll um?

T. Fiene, Stand August 2016

1Definition: Was ist ein Schulbuch?

Schulbücher sind Bücher, die für Unterrichtszwecke hergestellt werden. Sie müssen an den gültigen Lehrplänen orientiert sein und sollen dem Umfang nach nicht hinter den entsprechenden Anforderungen zurückbleiben.

Sie dienen als Lehrwerk und als Nachschlagewerk. Sie legen notwendige fachliche Überlegungen, Herleitungen und Ableitungen dar. Für Eintragungen durch Schüler darf kein Raum sein, da Schulbücher mehrfach genutzt werden sollen.

Die meisten Schulbücher enthalten deutlich mehr Inhalte als zur Umsetzung der Curricula notwendig. Lehrer müssen eine Auswahl treffen. Üblicherweise enthalten Schulbücher Texte, Grafiken, Abbildungen, Versuchsanleitungen.

Schulbücher unterstützen eher eine schülerzentrierte Methodik. Die inhaltliche Abfolge in Schulbüchern folgt meistens einer fachsystematischen Reihung. Neuere Bücher nennen sich „kontextorientiert“, es bleibt aber zu prüfen, inwiefern das wirklich umgesetzt wird.

Eigentlich wäre zu erwarten, dass Schulbücher moderne didaktische Ansätze aufgreifen und für Lehrer handhabbar machen.

Die folgenden Darstellungen beziehen sich ausdrücklich auf gedruckte Schulbücher. E-Books müssten gegebenenfalls auch unter anderen Aspekten betrachtet werden, sofern sie wirklich „Neues“ bieten, etwa Animationen. Im Grundsatz kann aber mit E-Books ebenso umgegangen werden wie mit gedruckten Schulbüchern.

Sie sind verpflichtet, das Schulbuch einzusetzen.
Wie das tun liegt in ihrer Verantwortung.

2Funktionen des Schulbuchs

Das Schulbuch ist eine Quelle für Bilder, Texte, Grafiken, Schemazeichnungen und ggf. auch Aufgaben sowie Versuchsanleitungen, die zu den jeweiligen fachlichen Kompetenzen passen (sollen). Es kann im Unterricht in mehreren Zusammenhängen eingesetzt werden:

  • Information: Quelle für Abbildungen, Texte, kleine Exkurse etwa zur historischen Entwicklung des Atommodells etc.
  • Festigung: hier können die Materialien verwendet werden, um einen Inhalt noch mal nachzulesen, eine bislang unbekannte Abbildung zum bekannten Thema zu erschließen etc.
  • Erarbeitungsphase: Der wahrscheinlich klassische Einsatz des Schulbuchs im Unterricht ist die Erarbeitungsphase. Die Information kann zur Erarbeitung von Wissen genutzt werden. Versuchsanleitungen sollen Erkenntnisse ermöglichen, Aufgaben die Erschließung der Informationen unterstützen. Hier kann man als Lehrer auch die meisten Fehler machen.
  • Steuerung und Struktur: Das Schulbuch gibt einen Unterrichtsgang vor. Es liefert Material für einen Einstieg ins Thema, Information zur Erschließung und oft noch „überprüfe dich selbst“-Seiten zur „Lernerfolgskontrolle“. Ein schlechter Lehrer freut sich darüber und folgt dem Buch kritiklos.
  • Arbeitstechniken/ Methoden: Schulbücher enthalten „Methodenseiten“, auf denen fachliche Arbeitsweisen (Titration) und manchmal auch überfachliche Methoden erklärt werden (Mind Map).
  • Nacharbeit: Schüler nutzen das Buch zur häuslichen Nacharbeit, insbesondere kurz vor Klassenarbeiten.
  • Hausaufgaben: Das Buch ist als Materialquelle für Hausaufgaben geeignet. Sie können es zum Üben, zur Nacharbeit oder auch zur Vorbereitung einsetzen lassen. Denkbar wäre auch ein Einsatz im Sinne des „flipped-classroom“-Konzepts.

3 Schulbuch-“Didaktiken“

Hamma-Didaktik:

Einstiegsfrage des Lehrers:„Was hamma letzte Stunde gemacht?“

Wenige Schülerantworten stottern einzelne Begriffe in den Raum. Als der Lehrer sich endlich erinnert, blättert er im Buch herum und kommt zu seiner Stundenplanung:

„Dann lest doch mal Seite 28 und macht Aufgabe 1“.

Alternativ dazu kann der Lehrer auf das Buch verzichten und zu einem ausschweifenden Lehrervortrag oder einem fragend-entwickelnden Unterrichtsrätsel ausholen.

Schwellendidaktik

Während der Lehrer den Unterrichtsraum betritt, blättert er im Buch herum und sucht eine Seite, die heute bearbeitet werden soll. Vielleicht hat er in der vergangenen Stunde sogar eine Markierung eingefügt; dann kann er heute die folgende Seite bearbeiten lassen und vermeidet Sprünge oder das Wiederholen einer Seite.

Das Buch als Ersatz des denkenden Lehrers

Folgt der Lehrer einfach vollständig dem Buch, erspart ihm das eigenes Nachdenken und viel Planungsarbeit.
Was ich Ihnen damit sagen will:

Das Schulbuch sollte als Teil des Unterrichts genutzt werden. Welche Teile sie nutzen, entscheiden Sie. Werden Sie ihrer Verantwortung als Lehrer gerecht und planen Sie guten Unterricht. Das Schulbuch ist als Quelle von Material ein Hilfsmittel, niemals jedoch Ersatz für eine gute Planung.

Im Regelfall planen sie ihren Unterricht (Rekonstruktion, Ziele, Modelle, Versuche etc.) und schauen danach, ob Ihnen das Buch helfen kann. Planen Sie nicht vom Buch ausgehend.

Die Schüler werden alle Varianten obiger „Didaktiken“ schnell erkennen, durchschauen und sie als Lehrer dann nicht mehr ernst nehmen. Sie machen dann nicht nur schlechten Unterricht, sondern haben auch ein Problem mit der „undisziplinierten, lernunwilligen“ Lerngruppe.

4Probleme – was Schulbücher (meistens) nicht (gut) leisten (können)

Und: Kurze Hinweise zum Umgang mit den Problemen.

Kapitel 5 liefert Strategien zur Arbeit mit dem Schulbuch. Dabei wird auch näher auf den Umgang mit den Problemen eingegangen.

Didaktische Rekonstruktion

Ihre Lerngruppe

ist den Schulbuchautoren nicht bekannt. Ebenso wenig das Vorwissen ihrer Schüler, deren Vorstellungen, methodische Fähigkeiten, prozessorientierte Kompetenzen etc.

Schulbücher sind nicht immer adressatenangemessen; das betrifft Formulierungen ebenso wie die Materialqualität.

Vereinfachung und Elementarisierung

erfolgt in Schulbüchern auf einem mittleren Niveau. Oft werden viele ihren Schülern unbekannte Fachausdrücke verwendet, auf deren Erklärung dann teilweise verzichtet wird. Schulbücher bringen recht viel Information in wenig Text unter. Die inhaltliche Reduktion ist nicht immer geeignet. Zu oft bleibt sie schülerfern. Schulbücher gaukeln manchmal eine übermäßige wissenschaftliche Exaktheit vor, etwa durch verschwurbelte Sprache.

Modelle

Modelldarstellungen und der Umgang mit Modellen entsprechen nicht unbedingt den neuesten Ansätzen der Fachdidaktik. Gerade bei Aspekten, die didaktisch strittig sind, findet man in Schulbüchern oft die jeweils alte Variante der Darstellung (z.B. Teilchenmodell, Umgang mit Ionen im Atommodell etc.). Solche Darstellungen können sie sehr schön kontrastierend zu anderen Darstellungen einsetzen und Modellkritik üben.

Formeln

Entspricht die Form der Formel dem, was sie von ihren Schülern verlangen? (Zustandssymbole, Energieaspekt…). Wie werden Salze dargestellt (NaCl oder {Na+Cl}? Umgang mit Säuren – Arrhenius oder Brönsted?

Definieren Sie klar, wie das in ihrem Unterricht auszusehen hat. Stellen Sie Transparenz her – begründen Sie, warum „ihre“ Form die aus ihrer Sicht geeignete ist und bringen Sie ihren Schülern bei, andere Darstellungsformen zu erkennen und lesen zu können.

Erkenntnisweg

Schulbücher suggerieren meistens induktive Erkenntniswege. Ausgehend von einem Versuch wird auf ein Gesetz geschlossen. Deduktive Aspekte kommen oft nicht vor.
Naturwissenschaftliche Erkenntnisgewinnung erfolgt meist hypothetisch-deduktiv. Auch diese Herangehensweise wird durch das Schulbuch nicht automatisch ermöglicht.

Befähigen Sie ihre Schüler zu naturwissenschaftlichem Denken, indem sie besser arbeiten. Nutzen sie das Buch trotzdem inhaltlich, weisen Sie aber auf die Probleme bezüglich des suggerierten Erkenntnisweges hin. Sie können diese Darstellungen auch zur kritischen Betrachtung und Meta-Kognition über Erkenntniswege nutzen.

Schülervorstellungen

Woher soll der Autor eines Schulbuchs die Vorstellungen ihrer Schüler kennen? Ein wirklich gutes Schulbuch nimmt die aus der fachdidaktischen Forschung bekannten Schüler-Vorstellungen auf und arbeitet auf der Grundlage. Ein wirklich gutes Schulbuch wäre auch so gestaltet, dass keine hausgemachten Fehlvorstellungen geschaffen werden („Oxidation“ als Reaktion mit Sauerstoff). Es würde Aufgaben enthalten, die das Aufgreifen und bearbeiten von Schüler-Vorstellungen unterstützen.

Überprüfen sie das! Und machen sie es dann selbst.

Eine Untersuchung aus 2007 (Beerenwinkel u.a., siehe Literatur) hat sich mit der Frage beschäftigt, inwiefern Schülervorstellungen in Schulbüchern berücksichtigt werden. Das Ergebnis spricht nicht für die Qualität der untersuchten Schulbücher. Vorstellungen werden – wenn überhaupt – sehr abstrakt angesprochen; manchmal werden Fehlvorstellungen eher noch gefördert.

Überprüfen Sie die Qualität der didaktischen Rekonstruktion! Prüfen Sie, ob die Darstellungen und Herangehensweisen zu ihrem Unterricht passen, ob sie richtig sind, ob sie zeitgemäß sind. Überlegen Sie dann, wie sie damit umgehen. Bedenken sie, dass ihre Schüler das Buch zum Lernen nutzen sollen. Wenn Darstellungen anders sind als im Unterricht verwirrt das. Hier muss eine Klärung erfolgen!

 

Methoden/ Arbeitsweisen

Schulbücher sind methodisch oft einseitig. Unterrichten nach der „Schulbuchmethode“ (lest den Text und macht Aufgaben 1 bis 25a) führt zu schlechtem Unterricht. In den Arbeitsaufträgen werden wenige geeignete methodische Hinweise gegeben. Geeignete methodische Konzeptionen und Ansätze haben bislang kaum Eingang in Chemie-Schulbücher gefunden (Lernfirma, kooperatives Lernen, Gruppenpuzzle, Stationenlernen, Präsentationen, kooperatives Protokollieren, Lücken-Protokolle, egg-races; aber auch Modellieren, Versuche entwickeln…).

Das zu leisten ist ihre Aufgabe.

Kompetenzentwicklung

Neuere Schulbücher müssen, da sie das KC umsetzen sollen, „kompetenzorientiert“ angelegt sein. Diesen Anspruch erfüllen sie zu oft nur rein formal. Das liegt auch daran, dass Kompetenzentwicklung individuell erfolgen muss, differenzierende Herangehensweisen benötigt etc. Das Schulbuch betont die kognitive und fachinhaltliche Dimension des Lernens.

Die Kompetenzentwicklung zu ermöglichen liegt in ihrer Verantwortung, das Buch kann dabei höchstens unterstützend wirken.

Differenzierungen

Schulbücher werden für einen angenommenen Durchschnittsschüler produziert und können deshalb niemals genau ihrer Lerngruppe gerecht werden. Einige neuere Bücher liefern „Differenzierungen“ in Form unterschiedlicher Aufgaben mit. Die Texte, Abbildungen etc. sind aber für alle Schüler gleich.

Es ist ihre Aufgabe, durch Hilfen, gute Aufgaben, ergänzende Materialien, geeignete Methoden etc. eine hinreichende Differenzierung zu ermöglichen.

Relevanz für die jeweilige Lerngruppe

In Schulbüchern mitgelieferte Kontexte sind (wenn vorhanden) oft ok, ihre Lerngruppe hat aber vielleicht ganz andere Interessen. Möglicherweise gibt es auch aktuelle Ereignisse, die besser geeignet wären. Da Lernen situiert und als Konstruktion von Wissen im Sinne der Konzeptveränderung erfolgt, muss das Thema/ der Kontext für die jeweilige Lerngruppe relevant sein.

 

Aufgaben

Die Qualität der Aufgaben ist oft nicht gut. Viele Bücher liefern einfache Arbeitsaufträge, die dazu auffordern, Informationen aus dem Text abzuschreiben oder einfache, inhaltlich nicht gefüllte Operationen vorzunehmen (wie viel Gramm wiegt ein mol Eisen?). Gelegentlich sind aber gute, interessante Aufgaben zu finden.

Im Regelfall werden Sie Aufgaben selbst stellen und dabei die Anforderungen an die Qualität einer guten, kompetenzorientierten Aufgabe beachten (siehe die entsprechende Fachsitzung). Denken Sie daran, dass sie für Arbeit mit dem Material Aufgaben zur Materialerschließung brauchen, die sie methodisch sinnvoll füllen. Sie brauchen auch eine Aufgabe zur Ergebnissicherung, Übung,… Eine gute Aufgabe leistet es, die Schulbuchinhalte auf ihren Unterricht zu beziehen, z.B. notwendige fachliche Klärungen herauszuarbeiten und dann auf ihren Unterrichts-Kontext anzuwenden.

 

Versuche und Experimente

Sind oft nicht geeignet. Die Anleitungen sind oft nur zum „Nachkochen“ geeignet. Die Versuchsauswahl ist je nach Buch oft ungünstig, fachdidaktisch veraltete bzw. unsinnige bzw. nicht sinnvolle Versuche werden vorgeschlagen (Eisen-Schwefel-Versuch). Das können sie besser.

Nehmen Sie die Versuche als Anregung. Normalerweise werden Sie ihre Schüler aber nur selten mit den Schulbuchversuchen arbeiten lassen, nämlich dann, wenn so ein Versuch und die Anleitung geeignet sind. Denn…
… Sie müssen/ wollen die Kompetenzentwicklung ihrer Schüler auch im Bereich Erkenntnisgewinnung (z.B. Planung von Versuchen) unterstützen. Das geht nicht mit fertigen Anleitungen.
… die ausgewählten Versuche sollen zu ihrem Unterricht passen. Dabei finden Sie andere Kontexte als das Schulbuch anbietet und betten andere Versuche anders ein.
…zum einüben von Fachmethoden Arbeitsweisen können solche Versuche trotzdem geeignet sein. Prüfen Sie dann, ob die Anleitung hinreichend gut für ihre Schüler ist.

 

Kontextorientierung oder Fachsystematik?

Schulbücher sind entweder streng fachsystematisch aufgebaut oder liefern einen (oft extrem verstümmelten) kontextorientierten Ansatz. Letzteres bedeutet oft nicht mehr als eine Umsortierung der Inhalte. Das Problem der Schüler ist, dass zum Verstehen von Texten etc. oft Wissen von den vorangehenden Seiten notwendig ist, die Doppelseiten also aufeinander aufbauen. Oft sind fachliche Erklärungen auch an einen Versuch angebunden, den das Schulbuch vorsieht, der aber nicht immer auch für ihren guten Unterricht geeignet ist (z.B. Eisen-Schwefel-Versuch). Zu selten finden Sie explizite Bezüge zu den Basiskonzepten und die notwendige rein fachinhaltliche Darstellung.

Überprüfen Sie, ob die Schulbuchdarstellung auch im Rahmen ihres unterrichtlichen Ansatzes hilfreich ist. Geben Sie Verstehenshilfen und/ oder Hinweise zum Umgang mit dem Material. Wenden Sie das Ganze positiv: „Arbeite den fachlichen Kern der Darstellung heraus“ – Basiskonzepte erschließen.

Textqualität

Die Schulbuchtexte werden oftmals in einem sehr unpersönlichen Stil gehalten. Sie sind kurz, sollen aber viele Informationen transportieren. Je nach Qualität der didaktischen Reduktion sind Texte inhaltlich eher gelungen (aber kompliziert, trocken,…) oder misslungen. Gelungen sind sie, wenn alle zum Verstehen notwendigen Informationen in sinnvoller, erklärender Weise dargelegt sind. Misslungen sind sie, wenn die Texte im Wesentlichen aus einer Reihung von für Schüler noch unverständlichen Fachbegriffen bestehen, die sinnentleert heruntergeleiert werden. Schlecht ist es auch, wenn Andeutungen gemacht werden, die Vorwissen aktivieren sollen, das gar nicht vorhanden ist. Schüler finden Schulbuchtexte meistens nicht gut.

Überprüfen Sie die Qualität der Texte, die sie einsetzen wollen! Können ihre Schüler das so verstehen?
Beachten Sie auch die inhalte dazu aus Fachsitzungen zur Sprache7 Umgang mit Texten/ Texterschließung. Leiten Sie diese gerade bei jüngeren Schülern bewusst an.

5Schulbücher und die Verantwortung des Lehrers – wie geht man mit Schulbüchern um?

Eins vorweg: Gute Arbeit mit dem Schulbuch bedeutet, den Unterricht auf Grundlage der bekannten Qualitätskriterien selbst zu planen. Das Schulbuch nutzen Sie als Materialquelle. Überprüfen sie aber die Qualität des angebotenen Materials, die Passung zu ihrem Unterricht und die Qualität der didaktischen Rekonstruktion.

Für die Arbeit mit dem Schulbuch gilt grundsätzlich das gleiche wie für alle anderen Materialien: Sie als Lehrer müssen vor dem Einsatz des Materials seine Eignung überprüfen. Worauf sie dabei besonders achten sollten, steht in Kapitel 4.

Wenn sie sich für den Einsatz des Schulbuchs entscheiden, ist es ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Lerngruppe mit dem Material umgehen kann. Das „Umgehen“ hat eine fachinhaltliche und eine prozessorientierte Seite.

Fachinhaltlich geht es darum, dass sie

  • unbekannte Begriffe klären (lassen)
  • Lücken zwischen Vorwissen der Schüler und Voraussetzungen des Materials aufdecken und schließen, etwa durch eine Information, eine Hilfe etc.
  • den Umgang mit fachlich fehlerhaften oder ungünstigen Darstellungen überlegen (schlechtes Modell, fragliche Formel…)
  • den Umgang mit zu weitgehenden inhaltlichen Darstellungen überlegen
  • ein angemessenes Anforderungsniveau sicherstellen
  • eine vorhandene Anknüpfung der Darstellungen an einen den Schülern ggf. unbekannten Versuch auflösen

 

Sie können mit den Schülern zum Beispiel…

  • einen abstrakten Text von den Schülern so umschreiben lassen, dass er exakt auf ein bestimmtes Beispiel passt,
  • oder einen an einem Beispiel orientierten Text in eine allgemeine Erklärung umschreiben lassen,
  • Lesestrategien anwenden (siehe unten),
  • den Buchtext mit einem Text aus einem anderen Material vergleichen lassen,
  • durch einen kurzen Lehrervortrag eine kleine inhaltliche Lücke schließen,
  • eine Rechercheaufgabe mit der Lektüre verbinden, die der Klärung von Lücken dient,
  • Modelldarstellungen, Abbildungen… kontrastieren, vergleichen, bewerten, kritisieren.

 

Unter den zu beachtenden prozessorientierten Aspekten sind vier Bereiche wichtig:

  • Kompetenzbereich Kommunikation
  • Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung
  • Kompetenzbereich Beurteilen und Bewerten
  • allgemeine Unterrichts- und Arbeitsmethoden

Da wir kompetenzorientiert unterrichten, müssen wir uns bei Überlegungen zum Schulbucheinsatz fragen, ob und wie Kompetenzentwicklung unterstützt wird. Meistens gilt es, das zu verwendende Schulbuch-Material selbst in einen entsprechenden Unterricht einzubetten. Oft wird die geschehen, indem eine Aufgabe gestellt wird, die die Bearbeitung des Schulbuchinhalts anleitet oder erfordert.

Im Folgenden finden Sie eine unvollständige Sammlung von Anregungen dazu, sortiert nach Kompetenzbereichen.

Kompetenzbereich Kommunikation

  • Betten Sie die Erarbeitung eines Schulbuchmaterials in eine kooperative- oder Gruppenarbeit ein. Fordern Sie als Ergebnis eine Präsentation.
  • Lenken Sie den Blick der Schüler auf die Fachsprache. Aufgabe z.B: Analyse des Schulbuchtextes hinsichtlich der Fachsprache.
  • Lassen sie eine gegebene Abbildung/ Modell/ Grafik in einen Text umwandeln
  • oder einen Text illustrieren
  • oder einen Text in eine / mehrere Abbildungen umwandeln (z.B. Flussdiagramm)
  • nutzen sie gegebene Versuchsanleitungen, um Schüler vorhersagen zu möglichen Versuchsergebnissen treffen zu lassen
  • stellen Sie die Aufgabe, auf Grundlage des gegebenen Texts einen neuen Text in anderer Textform zu schreiben (aus dem Sachtext einen Zeitungsbeitrag (für eine Kinderzeitung…) o.ä.)
  • Schüler eine eigene, gute Schulbuchseite zu einem Thema schreiben lassen

 

Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung

  • Modellkritik (des gegebenen Modells; im Vergleich mit einem bekannten Modell,…)
  • Reflexion des Erkenntnisweges, der angedeutet wird
  • Hypothesenbildung zu einem gegebenen Versuch; Durchführung dann natürlich möglich
  • Nutzung und kritische Überarbeitung von Methodenseiten etwa zum Protokollieren
  • wenn Schulbuchversuche durchgeführt werden, diese methodisch einbetten, etwa durch
    • Lücken-Protokolle
    • kooperatives Protokollieren
    • Hypothesenbildung
  • Arbeit mit Abbildungen zu Versuchen, etwa zum Üben einer genauen Beschreibung

Kompetenzbereich Beurteilen und Bewerten

Viele Schulbücher liefern Zusatzinformationen zu alltäglichen, gesellschaftlichen oder chemisch-industriellen Aspekten, die Grundlage einer entsprechenden Beurteilung sein können. Auch die Materialkritik bezüglich der Schulbuchdarstellungen kann hier aufgegriffen werden.

Allgemeine Unterrichts- und Arbeitsmethoden

Schulbuchinhalte können als Material im Rahmen unterschiedlichster unterrichtlicher Ansätze genutzt werden, sofern sie geeignet sind (s.o.):

  • als individuell heranzuziehende Informationsquelle, Nachschlagewerk, Ausgangspunkt… im Rahmen von
    • Stationenlernen, Lernfirma
    • Gruppenpuzzle, andere kooperative Lernformen
    • arbeitsteiligen GA
    • wahldifferenziertem Unterricht
    • problemlösenden Ansätzen
    • Aufgaben
  • als Gegenstand, der überarbeitet, kritisiert, verbessert, umgewandelt… werden soll
  • als Informationsquelle im Rahmen des „flipped classroom“/ für Hausaufgaben
  • als Hilfe (insbesondere Methodenanleitungen, Beispiele, z.B: auch Nomenklaturregeln)

Die Arbeit mit Schulbuchinhalten kann methodisch im Rahmen von Aufgaben unterstützt werden, etwa durch

  • Lesetechniken, Lesestrategien
    • Umsetzung in eine andere Darstellungsform (Flussdiagramm, Mind Map, Reaktionsschema, Modell…)
    • Fragen an den Text stellen
    • Strukturierung entwerfen
    • vergleichendes Lesen von Text und Bildern/ Grafiken
    • Expandieren (Anreichern mit Erläuterungen, Zusätzen, Beispielen, Skizzen)
    • Vergleich verschiedener Texte zum Thema
    • Schlüsselwörter suchen
    • fünf-Phasen-Schema
  • kooperative Methoden (Partnerinterview etc.) und die Schüler zu zweit
    • den Text in einen Lückentext umarbeiten lassen, der je andere füllt dann die Lücken
    • Fragen an den Text/ zum Text formulieren und sich gegenseitig befragen
    • Sätze vereinzeln – Satzpuzzle
    • Fehler einbauen und finden

Irritationen vermeiden

Darstellungen im Schulbuch entsprechen nicht unbedingt denjenigen, die in ihrem Unterricht üblicherweise verwendet werden. Reaktionsschemata sehen etwas anders aus, das Teilchenmodell wird etwas anders gezeichnet/ verstanden; Vielleicht werden auch Begrifflichkeiten genutzt, die sie nicht nutzen wollen („Oxidation“ in Jg. 8 etc.). Diese Dinge müssen sie bedenken, denn die Schüler werden in das Schulbuch reinschauen, mindestens zum Lernen für die Klassenarbeit. Es ist notwendig, dass sie wissen, welche Unterschiede zwischen Darstellungen im Schulbuch und in ihrem sonstigen Unterricht bestehen. Machen Sie den Schülern die Unterschiede auch klar. Befähigen Sie ihre Schüler dazu, kritisch mit den Darstellungen umzugehen, Unterschiede zu erkennen und zu akzeptieren. Gegebenenfalls kann es klug sein, ihre eigene Darstellung an das Schulbuch anzupassen; dies aber nur, wenn die Schulbuchdarstellungen auch vertretbar sind; keinesfalls, wenn sie Lernschwierigkeiten fördern oder falsch/ veraltet sind. Wenn ihre Fachkonferenz über die Einführung eines neuen Schulbuches entscheidet, können sie sich für ein möglichst gutes Buch einsetzen.