Funktionen von Versuchen und Experimenten

Wir unterscheiden grob drei konzeptionelle Herangehensweisen:
Nachkochversuche, anwendungsorientierte Aufgaben, forschendes Experimentieren.

Nachkochversuche bzw. Versuche nach geschlossener oder nur gering geöffneter Anleitung:

  • Veranschaulichung eines Phänomens zur Vorbereitung seiner Klärung
    oft als Demonstrationsversuch, aber auch als Schülerversuch, meistens im Einstieg,
    • zur Motivation/ zum Wecken von Interesse,
    • zur Erzeugung eines kognitiven Konflikts,
    • zum Zeigen eines Phänomens.
  • Erzeugen eines kognitiven Konflikts (Einstieg, s.o.).
  • Einen Gesprächsanlass schaffen, um Vorwissen zu klären/ zu wiederholen oder um Schüler-Vorstellungen aufzuwerfen (Einstieg).
  • Einen Denkanlass schaffen, um Gelerntes anzuwenden oder zu vertiefen (dann in d er entsprechenden Phase).
  • Untersuchung eines Phänomens unter Anleitung oder
  • Überprüfung von Hypothesen unter Anleitung.
  • Schulung naturwissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen:
    • Arbeitsweisen: das genaue Beobachten steht im Mittelpunkt oder das Auswerten…
    • Denkweisen: Schüler müssen Ansätze dazu ja erst lernen, z.B.: wie kann man sinnvoll Hypothesen überprüfen? Sie bekommen dann „fertige“ Versuche zu geklärten Hypothesen, die Eignung und Aussagekraft der Versuche wird dann reflektiert.
    • Denkweisen: Das Entwickeln der Hypothesen und ihre theoretische Fundierung stehen im Mittelpunkt, gleichzeitig kann der Lehrer gut antizipieren (…oder steuern), welche Hypothesen auftreten und überprüft werden sollen.
  • Arbeitstechniken kennen lernen
    • Umgang mit Geräten
    • Nachweisreaktionen
    • Destillation durchführen etc.; einmal bekannte Arbeitstechniken können danach mit einem höheren Grad an Selbstständigkeit/ Offenheit durchgeführt und eingefordert werden: Schritt 1: „Führe Nachweis xy durch, gehe wie folgt vor:…“; Später muss es reichen, wenn gefordert wird: „Prüfe, ob xy entsteht“.
  • Leistungsbewertung: Versuche als Teil von Klassenarbeiten oder Klausuren
    • durchführen, dokumentieren und auswerten (EA!)
    • oder Lehrer-Demo-V. anschauen, dokumentieren, auswerten
    • oder schriftliche dokumentierten Versuch auswerten…
    • Ziel: Kompetenzen im Bereich Inhalte und Erkenntnisgewinnung prüfen.
  • Nachkochversuche haben ihren besonderen Wert darin, Schüler mit grundlegenden Vorgehensweisen und Arbeitstechniken vertraut zu machen. Es spricht nichts dagegen, den Schülern einen Erkenntnisweg vorzugeben und in diesem Rahmen auch einen Nachkochversuch zu nutzen. Ziel wäre dann, Schüler mit einem solchen Erkenntnisweg vertraut zu machen, damit sie in Zukunft Teile davon selbst planen können.
  • „Bestätigungsversuche“ („damit ist bewiesen, dass das Gesetz von der Erhaltung der Masse gilt“) sollten aus meiner Sicht (TF) in gutem Unterricht nicht genutzt werden, da sie ein falsches Bild von naturwiss. Erkenntnisgewinnung vermitteln.

Anwendungsorientierte Aufgaben

sind oft experimentelle Aufgaben und haben die Qualität von Aufgaben/ Lernaufgaben.

Sie bieten einen Anwendungsbezug und geben nicht alle für die Versuche notwendigen Informationen vor. Zie ist die Anwendung von Wissen und (experimentellem) Können auf die Bearbeitung unbekannter Sachverhalte (AFB II). Solche Aufgaben können recht geschlossene Anleitungen mitbringen (Lücken-Protokolle etc.) oder ziemlich offen gestaltet sein (nur wesentliche Hinweise werden gegeben).

Kompetenzentwicklung wird erreicht, indem Schüler grundlegende Fertigkeiten im Rahmen von Nachkochversuchen erwerben und sich dann mit zunehmend offeneren anwendungsorientierten Aufgaben auseinandersetzen.

Aufgabe des Lehrers bei der Planung ist insbesondere das Vorsehen notwendiger strukturierender Instruktion (inhaltliche Strukturierung). Zu offene Aufgaben und Aufgaben mit zu hohen Anforderungen an Selbstständigkeit überfordern viele Schüler. Diese Fähigkeiten zum Umgang mit sehr offenen Aufgaben (=problemlösendes Experimentieren) soll aber entwickelt werden (Ziel der Kompetenzentwicklung).

  • Verzahnung von Theorie und Praxis
  • Anwendung von Wissen/ Können und Lernen von darauf aufbauendem Neuen
  • auch denkbar: Übung, Wiederholung (in neuen Kontexten)

Die Funktion von Experimenten (problemlösendes Experimentieren) ergibt sich aus ihrer Stellung im Rahmen der Erkenntnisgewinnung. Sie dienen z.B. …

  • der Problemlösung,
  • der Weiterentwicklung naturwissenschaftlichen Denkens,
  • der Anwendung und Entwicklung experimenteller Fähigkeiten,
  • als wichtiger Baustein im Rahmen eines Erkenntnisweges, der durch andere Bausteine umrahmt werden sollte (Hypothesenbildung, Fragen formulieren, Probleme erkennen/ formulieren und einer Überprüfung zugänglich machen, Modellieren, Mathematisieren, Reflexion der Aussagekraft der gewonnenen Ergebnisse etc.).

Stichworte als Zusammenfassung

Ein Versuch muss eine relevante didaktische Funktion in der Stunde/ Einheit haben! Diese Notizen fassen die gebräuchlichsten Funktionen noch mal zusammen.

  • Einstieg
    • Probleme aufwerfen, kognitiver Konflikt, Fragehaltung erzeugen
    • Motivation (dieser Punkt ist mit Vorsicht zu genießen!)
    • Anknüpfung an den Vorunterricht
  • Teil innerhalb einer Problemlösestrategie (echtes Experiment)
    • Hypothesenformulierung, -überprüfung
    • gezielte Planung der Versuche durch Schüler
    • Falsifikationsversuche
  • Erarbeitungs-Versuche; meist nach enger Anleitung
  • Schülerübungen
    • Festigung, Vertiefung, Übung bezüglich
      • Inhalte – Wissen
      • Kompetenzen/ Fähigkeiten/ Methoden
  • Leistungskontrolle
    • als Teil von Arbeiten, Klausuren;
    • Schüler führen Versuch durch: praktische Arbeit als Teil der Bewertung
    • Lehrer zeigt Versuch, auf dem Teile der Arbeit aufbauen; Protokoll und Auswertung werden bewertet
  • Schauversuche haben keine relevante didaktische Funktion; eher bei Schulfesten etc.
  • Modellversuche