Versuche und Experimente im Chemie-Unterricht

Auswahl und unterrichtliche Einbettung

T. Fiene, Stand März 2018

Diese Zusammenstellung liefert Ihnen insbesondere Hinweise auf einige für den Chemieunterricht oft gut geeignete Versuche sowie Stichpunkte zur didaktischen und unterrichtlichen Einordung.
Arbeiten Sie die in der Fachsitzung ausgegebenen Artikel gründlich durch, um ihre didaktischen Kenntnisse im Bereich des Experimentierens, der Einbettung und Funktion von Versuchen sowie dem Umgang mit Nachkochversuchen, Aufgaben und problemlöenden Herangehensweisen auszubauen. Wie immer ist auch hier letztlich aber die reflektierte Praxis entscheidend: Planen, machen, nachdenken, besser machen usw. Dabei haben Versuche einerseits eine inhaltliche Funktion, sie müssen aber auch die entsprechenden Kompeteznen der Schüler im Berich Erkenntnisgewinnung fördern. Deshalb ist es nicht damit getan, nur Versuche nach Anleitung durchführen zu lassen.

Die Versuche und experimentellen Aufgaben sind alle so ausgewählt, dass sie in den Jahrgängen 7/8/9 eine Rolle spielen können und damit auch im eigenverantwortlichen Unterricht erprobt werden können; die Sekundarstufe II und Jahrgang 10 sind ausgeklammert, um eine hinreichende Fokussierung der Überlegungen zu gewährleisten, je nach Auswertungstiefe und theoretischer Einbettung sind die Versuche aber auch dort geeignet. Die Versuche kommen ohne Anleitung, wir probieren einige in der Fachsitzung aus, zu den anderen können Sie mich gerne befragen.

Inhaltsverzeichnis

1 Versuche und Experimente – Begriff und Funktion

1.1 Versuche und Experimente – begriffliche und inhaltliche Unterscheidung

1.2 Definitionen: Versuche und Experimente

1.3 Funktionen von Experimenten

1.4 Funktionen von Versuchen

2 Kriterien für Planung und Umsetzung von Schülerversuchen; -experimenten

2.1 Äußere Bedingungen

2.2 Sicherheit

2.3 Didaktische Erwägungen

2.4 Organisatorische und methodische Entscheidungen

2.5 Zielsetzung, Fokus

3 Kriterien für Demonstrationsversuche (Stichworte)

4 Zu einigen ausgewählten Versuchen und den damit intendierten didaktischen und methodischen Fragestellungen:

4.1 Ein Versuch in unterschiedlichen Maßstäben: Wasserzersetzung und Knallgasreaktion.

4.2 Verknüpfung von Versuch und Modellvorstellung: Lösen von Kochsalz

4.3 Fällungsreaktionen in der Petrischale: Unterrichtliche Einsatzmöglichkeiten einfacher Versuche

4.4 Beobachtungen fokussieren: Beispiel

4.5 Experimentelle Aufgaben mit Hilfen

5 Unterrichtliche Einbettung von Versuchen und Experimenten: Stichpunkte

6 Didaktik und Methodik bei Versuchen und Experimenten: Stichpunkte

7 Ist ein Versuch für den Unterricht geeignet? – Kriterien. Das MÜSSEN Sie immer beachten.

8 Versuche und ihre didaktische Funktion

9 Versuche im Unterricht: Was bedacht werden muss

Literatur zum Thema

 

1Versuche und Experimente – Begriff und Funktion

1.1Versuche und Experimente – begriffliche und inhaltliche Unterscheidung

Versuche und Experimente sollten begrifflich immer klar unterschieden werden. Dies hat den großen Vorteil, dass man didaktisch in der jeweils benannten Kategorie denken kann und passende Entscheidungen erleichtert werden.

Experimente

sind Teil eines (hypothetisch-deduktiven) naturwissenschaftlichen Erkenntnisweges und können von diesem nicht separiert werden. Sie werden entwickelt/ erfunden, um Hypothesen (genauer: aus Hypothesen abgeleitete Folgerungen) zu überprüfen. Ein Experiment dient immer der Erkenntnisgewinnung, das Ergebnis kann im Vorhinein nicht eindeutig feststehen.

Im Unterricht kommen Experimente nur in diesem Zusammenhang vor. Sie dienen der Problemlösung, der Überprüfung von Hypothesen oder der gezielten Erkundung von Sachverhalten. Zu einem Experiment gibt es keine „Versuchsanleitung“. Experimente werden von den Schülern überwiegend selbst geplant, durchgeführt, die Ergebnisse werden ausgewertet, das Vorgehen wird reflektiert. Experimente lassen Fehler zu und werden dann überarbeitet. Unterstützung ist möglich und oft nötig (Gerätelisten etc.).

In der Didaktik wird diese Kategorie von Experimenten manchmal als „problemlösendes Experimentieren“ bezeichnet. Die Schüler brauchen dafür grundlegende Kompetenzen im Bereich der Erkenntnisgewinnung.

Versuche

gibt es in unterschiedlicher Offenheit. Von Versuchen sprechen wir immer dann, wenn die Schüler eine vollständige oder teilweise Anleitung bekommen und dem Lehrer das Ergebnis des Versuchs im Grundsatz bekannt ist bzw. sein müsste. Die Didaktik (Pfeifer u.a. 2011) unterscheidet z.B. in

  • Nachkochversuche: Versuche nach geschlossener (= fertiger) Anleitung und
  • anwendungsorientierte Aufgaben.

Dazu gibt es die Einteilung in

  • Lehrer-/ oder Schüler-Demonstrationsversuche
  • Schülerversuche

Modellversuche

sind eine dritte Kategorie, die aber eher den Modellen als den Versuchen zuzurechnen ist und insofern auch eher unter Modellaspekten behandelt werden sollte.

1.2Definitionen: Versuche und Experimente

Vergleiche hierzu auch: 
Pfeifer, P.; Schaffer, S.; Sommer, K.:
Schülerexperimente im Unterricht. Auswahlkriterien und Beispiele. In: UC, 22, 2011, H. 126, S. 2-9.

Nacharbeiten einer Versuchsvorschrift („Nachkochen“)

  • meint das schrittweise Abarbeiten einer fertigen Versuchsvorschrift
  • dient z.B:
    • dem Lernen von Fachmethoden (analytisch arbeiten,…),
    • dem Erlernen grundlegender Experimentiertechniken (pneumatisches Auffangen von Gasen…),
    • der Erweiterung des Repertoires an Arbeitsweisen (Nachweisreaktionen, Blindproben…).
  • Die Versuchsanleitung ist detailliert und enthält alle zur Versuchsdurchführung notwendigen Angaben. Jeder Arbeitsschritt wird beschrieben.
  • Schüler tun zwar was (Versuch durchführen), sind aber an der Planung des Versuchs etc. nicht beteiligt.
  • Oft trivial; Unterricht sollte keinesfalls bei solchen Versuchen stehen bleiben.
  • Meist nur AFB I/II
  • Versuchsanleitungen aus Schulbüchern stellen meistens Nachkochversuche dar. Sie können damit aber kreativ anders umgehen und Anderes erreichen.
  • Merke für den Unterricht: Das einfache Hereinreichen einer Versuchsanleitung („macht das mal in Gruppen“) wird ihnen wahrscheinlich die Erfahrung sehr unbefriedigender Stunden ermöglichen. Sorgen Sie deshalb auch bei Nachkochversuchen für eine angemessene Sinn-Orientierung – Schüler müssen wissen, was der Versuch mit dem Thema zu tun hat/ was der Versuch soll/ wozu und mit welchem Ziel er durchgeführt werden soll. 
  • Eine Brücke von Nachkochversuchen zu anwendungsorientierten Aufgaben sind Lücken-Protokolle sowie das teilweise „gemeinsame“ Entwickeln von Versuchen im Plenum (z.B. Frage vorstellen, enge Geräteauswahl, PA überlegen, Skizze, Plenum Austausch, wichtige Aspekte des Versuchs entwickeln/ Kernaspekte, dann die Schüler weiterplanen und machen lassen)

Anwendungsorientierte Aufgaben

  • Anwendung und Umsetzung vorhandener Kenntnisse zur Bearbeitung einer experimentellen Aufgabenstellung.
  • (Teil-) Selbstständige Handhabung von Wissen und Können.
  • Theorie-Praxis-Verbindung.
  • Schüler planen Versuche ganz oder in Teilen selbst, um eine Aufgabe zu lösen (z.B. egg-races).
  • Die Aufgabe kann eher offen oder eher geschlossen sein, der Anspruch an die Denk- und Planungsleistungen der Schüler können wenig bis sehr stark herausgefordert werden.
  • Meistens sind solche Aufgaben alltagsnah/ mit Alltagschemikalien/ kontextbasiert gestellt.
  • Versuchsanleitungen enthalten bei eher geschlossenen Aufgaben recht viele Hinweise, bei offenen Aufgaben nur die Unverzichtbaren (z.B. Eingrenzung der verfügbaren Chemikalien, Sicherheit,…).
  • können auch zur Hypothesenüberprüfung gestellt werden.
  • AFB II; bei vielen gegebenen Hinweisen/ Hilfen bzw. Lücken-Anleitungen etc. I/II.
  • Anwendungsorientierte Aufgaben sind Lernaufgaben, experimentelle Aufgaben, egg races etc. Siehe auch: Fachsitzung Aufgaben.
  • Für den Unterricht: Das Vorwissen und die Vorstellungen der Schüler antizipieren, damit die Aufgabe auch machbar ist. Differenzierungen bedenken. Produktorientiert arbeiten (z.B. Strukturierungswerkzeuge nutzen, etwa Lernbild, Flussdiagramm). Rückbezug der Ergebnisse auf die Ausgangsfrage bedenken.

 

Problemlösendes Experimentieren

  • „echte“ Experimente.
  • Gegeben ist nur eine Problemstellung; die Schüler erschließen das Problem, entwickeln Hypothesen und überprüfen ihre Hypothesen experimentell;
  • die Experimente dafür entwickeln sie selbst.
  • Dabei wird auch selbstständig auf verfügbare Fachmethoden zurückgegriffen (z.B. Nachweisreaktionen heranziehen etc.).
  • Die erlangten Ergebnisse werden auf das Problem zurückbezogen und hinsichtlich ihrer Aussagekraft überprüft.
  • AFB II/III.
  • Problemlösendes Experimentieren kann natürlich methodisch (Differenzierung – wenige Hilfen, Materialauswahl…) und didaktisch (Grad der Struktruierung des Problems, der Lösungsansätze…) unterstützt werden. Völlig freies „selbstständiges“, „offenes“ problemlösendes Experimentieren ist für viele Schüler mindestens in der Sek. I eher nicht leistbar. Es ist aber das Ziel, Schüler dazu zu befähigen.

 

Insgesamt sollen Schüler ihre Kompetenzen im Bereich Erkenntnisgewinnung dahingehend entwickeln, dass sie problemlösend experimentieren können.

1.3Funktionen von Experimenten

Die Funktion von Experimenten ergibt sich aus ihrer Stellung im Rahmen der Erkenntnisgewinnung. Sie dienen z.B. …

  • der Problemlösung,
  • der Weiterentwicklung naturwissenschaftlichen Denkens,
  • der Anwendung und Entwicklung experimenteller Fähigkeiten,
  • als wichtiger Baustein im Rahmen eines Erkenntnisweges, der durch andere Bausteine umrahmt werden sollte (Hypothesenbildung, Fragen formulieren, Probleme erkennen/ formulieren und einer Überprüfung zugänglich machen, Modellieren, Mathematisieren, Reflexion der Aussagekraft der gewonnenen Ergebnisse etc.).

 

1.4Funktionen von Versuchen

Nachkochversuche bzw. Versuche nach geschlossener oder nur gering geöffneter Anleitung:

  • Veranschaulichung eines Phänomens zur Vorbereitung seiner Klärung
    oft als Demonstrationsversuch, aber auch als Schülerversuch, meistens im Einstieg,

    • zur Motivation/ zum Wecken von Interesse,
    • zur Erzeugung eines kognitiven Konflikts,
    • zum Zeigen eines Phänomens.
  • Erzeugen eines kognitiven Konflikts (Einstieg, s.o.).
  • Einen Gesprächsanlass schaffen, um Vorwissen zu klären/ zu wiederholen oder um Schüler-Vorstellungen aufzuwerfen (Einstieg).
  • Einen Denkanlass schaffen, um Gelerntes anzuwenden oder zu vertiefen (dann in d er entsprechenden Phase).
  • Untersuchung eines Phänomens unter Anleitung oder
  • Überprüfung von Hypothesen unter Anleitung.
  • Schulung naturwissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen:
    • Arbeitsweisen: das genaue Beobachten steht im Mittelpunkt oder das Auswerten…
    • Denkweisen: Schüler müssen Ansätze dazu ja erst lernen, z.B.: wie kann man sinnvoll Hypothesen überprüfen? Sie bekommen dann „fertige“ Versuche zu geklärten Hypothesen, die Eignung und Aussagekraft der Versuche wird dann reflektiert.
    • Denkweisen: Das Entwickeln der Hypothesen und ihre theoretische Fundierung stehen im Mittelpunkt, gleichzeitig kann der Lehrer gut antizipieren (…oder steuern), welche Hypothesen auftreten und überprüft werden sollen.
  • Arbeitstechniken kennen lernen
    • Umgang mit Geräten
    • Nachweisreaktionen
    • Destillation durchführen etc.; einmal bekannte Arbeitstechniken können danach mit einem höheren Grad an Selbstständigkeit/ Offenheit durchgeführt und eingefordert werden: Schritt 1: „Führe Nachweis xy durch, gehe wie folgt vor:…“; Später muss es reichen, wenn gefordert wird: „Prüfe, ob xy entsteht“.
  • Leistungsbewertung: Versuche als Teil von Klassenarbeiten oder Klausuren
    • durchführen, dokumentieren und auswerten (EA!)
    • oder Lehrer-Demo-V. anschauen, dokumentieren, auswerten
    • oder schriftliche dokumentierten Versuch auswerten…
    • Ziel: Kompetenzen im Bereich Inhalte und Erkenntnisgewinnung prüfen.
  • Nachkochversuche haben ihren besonderen Wert darin, Schüler mit grundlegenden Vorgehensweisen und Arbeitstechniken vertraut zu machen. Es spricht nichts dagegen, den Schülern einen Erkenntnisweg vorzugeben und in diesem Rahmen auch einen Nachkochversuch zu nutzen. Ziel wäre dann, Schüler mit einem solchen Erkenntnisweg vertraut zu machen, damit sie in Zukunft Teile davon selbst planen können.
  • „Bestätigungsversuche“ („damit ist bewiesen, dass das Gesetz von der Erhaltung der Masse gilt“) sollten aus meiner Sicht (TF) in gutem Unterricht nicht genutzt werden, da sie ein falsches Bild von naturwiss. Erkenntnisgewinnung vermitteln.

 

Anwendungsorientierte Aufgaben

sind oft experimentelle Aufgaben und haben die Qualität von Aufgaben/ Lernaufgaben.

Sie bieten einen Anwendungsbezug und geben nicht alle für die Versuche notwendigen Informationen vor. Zie ist die Anwendung von Wissen und (experimentellem) Können auf die Bearbeitung unbekannter Sachverhalte (AFB II). Solche Aufgaben können recht geschlossene Anleitungen mitbringen (Lücken-Protokolle etc.) oder ziemlich offen gestaltet sein (nur wesentliche Hinweise werden gegeben).

Kompetenzentwicklung wird erreicht, indem Schüler grundlegende Fertigkeiten im Rahmen von Nachkochversuchen erwerben und sich dann mit zunehmend offeneren anwendungsorientierten Aufgaben auseinandersetzen.

Aufgabe des Lehrers bei der Planung ist insbesondere das Vorsehen notwendiger strukturierender Instruktion (inhaltliche Strukturierung). Zu offene Aufgaben und Aufgaben mit zu hohen Anforderungen an Selbstständigkeit überfordern viele Schüler. Diese Fähigkeiten zum Umgang mit sehr offenen Aufgaben (=problemlösendes Experimentieren) soll aber entwickelt werden (Ziel der Kompetenzentwicklung).

  • Verzahnung von Theorie und Praxis
  • Anwendung von Wissen/ Können und Lernen von darauf aufbauendem Neuen
  • auch denkbar: Übung, Wiederholung (in neuen Kontexten)

 

2Kriterien für Planung und Umsetzung von Schülerversuchen; -experimenten

 

2.1Äußere Bedingungen

  1. Lehrpläne (KC, Standards/ EPA)
    • geben Ziele im Bereich Erkenntnisgewinnung vor, die umgesetzt werden müssen
    • geben die Inhalte vor
    • Lehrerversuche sind mal ganz nett, manchmal notwendig; aber nur durch Schülerversuche kann die notwendige Kompetenzentwicklung erreicht werden.
  2. Klassensituation
    • Disziplin
    • Vorkenntnisse/ Kompetenzstand im experimentellen Bereich
    • Größe der Lerngruppe
  3. Räumliche und apparative Gegebenheiten
    • Ausstattung (Strom, Niederspannungsstrom, Gasanschlüsse, EDV,…)
    • Geräte, Chemikalien, Lagerorte/ Verfügbarkeit
    • Zugänglichkeit für Schüler (im Übungsraum? Oder muss der Lehrer alles erst bereitstellen?)
    • Stellt der Lehrer alles für alle Schüler passend zusammen? Oder holen die Schüler einiges/ alles selbstständig?
    • Geräte (welche? Wie viele?); Interaktionsboxen, Schülersätze,…
    • Geräte (Makromaßstab, Halbmikromaßstab, Küvetten, medizintechn. Geräte, Tüpfelplatten,… – welche Versuchsmaßstäbe sind möglich?)

2.2Sicherheit

  1. Gefährdungsanalyse
  2. Einschränkungen? Schülerversuch möglich? Substitutionsprüfung, ggf. Maßstabsveränderung etc.
  3. Umsetzbarkeit der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen (genug Schutzbrillen etc)

2.3Didaktische Erwägungen

  1. Funktion des Versuchs im Lernprozess
    • Einstiegsversuch (Phänomen anschauen, Problem aufwerfen, Kontrastieren,…)
    • Hypothesenüberprüfung, Phänomen anschauen, Aufgabenstellung bearbeiten…
    • Problemlösung
    • Erarbeitung (lehrerzentriert, entlang eines zu zeigenden Phänomens)
    • Festigung, Vertiefung, Übung, Wiederholung …
    • Leistungskontrolle

      Versuche/ Experimente können grundsätzlich jeden Ort im Lernprozess in einer Stunde einnehmen, aber selten mehrere gleichzeitig.

    • Wunderversuche (für Schüler unerklärliche Phänomene – sollten im Regelunterricht nicht vorkommen)
  2. Didaktische Konzeption? (siehe oben)
  3. Exemplarisches Prinzip
  4. Anschaulichkeit
  5. Eindeutigkeit des Phänomens – deutlicher Effekt
  6. Schülerorientierung (Einbindung der Schüler z.B. bei Planung, Durchführung, Auswertung, Reflexion, Hypothesenbildung, Zielsetzung, Bewertung der Ergebnisse,…)
  7. Altersangemessenheit
  8. Sparsamkeit – geringer Materialeinsatz und Kostenaufwand – geringe Chemikalien-Mengen
  9. Gelingenswahrscheinlichkeit (sollte sehr hoch sein; dies gilt für vom Lehrer durchgeführte oder geplante „Nachkochversuche“; von Schülern geplante Versuche dürfen auch mal scheitern, das birgt viele Lernanlässe)
  10. Vorwissen/ Können der Schüler zutreffend einschätzen und Versuchsvorschrift etc. anpassen
  11. Versuchsvorschrift (Qualität, Inhalte, Gestaltung,…)
  12. Aufgabestellungen zur Begleitung von Versuchen (Protokoll, Auswertung…)
    • Sicherung
    • Kommunikation
    • Bewertung
    • Auswertung (selbstständig,…)
    • Wissen anwenden, Ergebnisse erklären,…
    • Recherche notwendiger Kenntnisse…
    • ggf. anwendungsorientierte Aufgabe (s.o.)
    • Integration der Ergebnisse, Rückbezug auf Einstieg,…
  13. didaktische Rekonstruktion; insb. Reduktion bezüglich des Versuchs; Modellhaftigkeit des Versuchs
  14. Ziele? Zu vermittelnde Kompetenzen?
  15. Vermeiden von Fehlvorstellungen und Fehlern (z.B. Vermeidung unzulässiger Verallgemeinerungen, Vermeidung falscher Vorstellungen zum Arbeiten in der Wissenschaft…)

 

2.4Organisatorische und methodische Entscheidungen

  1. Sozialform (was ist möglich? (s.o.) – was ist wünschenswert? – was geht wie?)
  2. Methodische Einbettung (Stationenlernen, Lernfirma, kooperative Lernformen…)
  3. begleitende methodische Entscheidungen (1-2-4-alle-Protokollieren, Lücken-Protokolle (ggf. eine didaktische Entscheidung!)…)
  4. Fragen der Sicherung (wie?)
  5. Bei GA: Einbindung aller (z.B: Rollenkarten), Verbindlichkeit, Organisation der Gruppen, Kooperation…
  6. Zeitanteile, notwendige oder wahrscheinlich notwendige (gestufte) Hilfen

 

2.5Zielsetzung, Fokus

Neben inhaltlichen Aspekten z.B. auch die Schulung der..

    • Beobachtungsfähigkeit
    • experimentellen (handwerklichen) Fähigkeiten
    • Prognosefähigkeit
    • Genauigkeit
    • Dokumentationskompetenzen
    • Kommunikation (über Ergebnisse etc.)
    • Kritikfähigkeit
    • denken Sie an die Bedeutung der Fachsprache. Schulen Sie diese und helfen Sie Schülern, eine passende Sprache zu entwickeln (hier z.B.: Sprachhilfen zur Beobachtung)
    • etc.

Planen Sie Versuche so, dass sie die Schüler zum naturwissenschaftlichen Denken anregen!

3Kriterien für Demonstrationsversuche (Stichworte)

  1. Gesetz des Figur-Grund-Kontrastes
  2. Gesetz der Einfachheit – einfache, strukturierte Aufbauten
  3. Gesetz der Gleichartigkeit – in gleichen Geräten werden gleiche Vorkommnisse vermutet
  4. Gesetz der Nähe – nahe Objekte werden als zusammengehörig empfunden
  5. Gesetz der glatt durchlaufenden Linie – solche aufbauten können gut wahrgenommen werden
  6. Gesetz der Dynamik von links nach rechts
  7. Gesetz der Symmetrie
  8. Gesetz der objektiven Einstellung – charakteristische Formen werden mit best. Funktionen in Zusammenhang gebracht (z.B. Waschflasche)
  9. Maßstab
    • Sichtbarkeit für alle muss gewährleistet werden
    • erhöhter Aufbau von Apparaturen
    • ausreichend große Apparaturen
    • ausreichend große Chemikalien-Mengen

      ggf. Projektion (Petrischale – OHP; mit Dokumentenkamera…) wenn Sichtbarkeit sonst nicht erreicht werden kann

4Zu einigen ausgewählten Versuchen und den damit intendierten didaktischen und methodischen Fragestellungen:

4.1Ein Versuch in unterschiedlichen Maßstäben: Wasserzersetzung und Knallgasreaktion.

Zentrale Fragestellungen:

Welcher Maßstab und welche Form der Durchführung sind in welchem didaktischen und methodischen Rahmen mit welchen Begründungen einsetzbar?

  • als Lehrer- und Schülerversuch
  • als offene Aufgabe oder eng angeleiteter Versuch
  • mit welchen fachinhaltlichen Bezügen?
  • Umkehrbarkeit chemischer Reaktionen – Eignung dieser Versuche

Möglicher Ansatz: Schüler sollen einen eigenen Apparat entwickeln, der die Zersetzung des Wassers und den Nachweis der Produkte ermöglicht.
Versuche:

  • Hoffmann-Zersetzungsapparat
  • Lab in a drop: Wasserelektrolyse
  • ohne Anleitung: Elektrolyse von Wasser im U-Rohr und Nachweis der Produkte.
  • Ohne Anleitung: Brennstoffzelle
  • Knallgasexplosion im Schnapsglas – Katalyse
  • Explodierender Luftballon – Wasserstoffexplosion (ohne Anleitung)
  • Reaktion von Lithium in Wasser und Knallgasprobe
  • Reaktion von Lithium mit Wasser in der Petrischale

 

4.2Verknüpfung von Versuch und Modellvorstellung: Lösen von Kochsalz

Material: Animation (Chemie interaktiv)

4.3Fällungsreaktionen in der Petrischale: Unterrichtliche Einsatzmöglichkeiten einfacher Versuche

Fragestellungen:

  • Eignung der Versuche?
  • Didaktische Überlegungen zum Einsatz der Versuche in unterschiedlichen Jahrgangsstufen und Zusammenhängen
  • Schüler- und Lehrerversuche abgrenzen, Kriterien für die jeweiligen Versuche
  • Versuche anpassen – Maßstabsänderungen je nach Intention

Versuche:

  • Berliner Blau und Eisenrhodanid
  • lab in a drop: Transformieren der Versuchsidee in einen einzelnen Wassertropfen (ohne Anleitung)
  • Halogenidnachweis mit Silbernitratlösung in einem Tropfen

4.4Beobachtungen fokussieren: Beispiel

Vergleich der Reaktion von Marmor in Salzsäurelösung in unterschiedlichen Maßstäben.

 

4.5Experimentelle Aufgaben mit Hilfen

Fragestellungen:

  • Vor- und Nachteile der Einbettung von Versuchen in Aufgaben
  • Vergleich: Petrischalenversuch mit und ohne Einbettung in Aufgabe
  • didaktische und methodische Ziele der Einbettung von Versuchen in Aufgaben – Differenzierung, Selbstständigkeit…

 

Versuche:

  • Masse bei chemischen Reaktionen
  • Petrischalenversuch mit gestufter Hilfe

 

5Unterrichtliche Einbettung von Versuchen und Experimenten: Stichpunkte

  • Phänomene anschauen
  • naturwissenschaftliches Arbeiten lernen und anwenden
  • Diagnose von Schülervorstellungen und Vorwissen
  • Leistungsüberprüfung
  • Überprüfung von Hypothesen
  • Geschlossenheit – Offenheit: Versuche nach Anleitung – Versuche selbst entwickeln – experimentelle Arbeitsweise zur Überprüfung von Ideen
  • naturwissenschaftliche Phasierung und/oder Herangehensweise:
    • relevanter Kontext
    • Problem- oder Fragestellung
    • Hypothesenbildung
    • Hypothesenüberprüfung durch Versuche
    • Optimierung/ Anpassung der Versuche und/ oder der Hypothesen
    • Ergebnisformulierung
    • Modellierung/ Mathematisierung
    • Reflexion/ Kritik/ Überprüfung der Aussagekraft der Erkenntnisse
  • Dreieck des Chemie-Unterrichts: Betrachtungsebenen:
    • Verknüpfung von Stoffebene, Formelebene, submikroskopischer Ebene
    • Versuche/ Phänomen auf der Stoffebene
    • Formeln
    • Modelle
  • Motivation
  • Einstieg – Problemorientierung, kognitiver Konflikt
  • Überprüfung von Produktaussagen und Darstellungen in Medien
  • Auswahl geeigneter Versuche
  • Modellexperimente
  • wissenschaftliches Arbeiten – Falsifikation etc.
  • Kooperatives Lernen
    • koop. Planung und Auswertung von Versuchen
    • kooperatives Protokollieren
  • Visualisierungen zur Sicherung nutzen! Auswertung im guten UG!

6Didaktik und Methodik bei Versuchen und Experimenten: Stichpunkte

  • Funktion des Versuchs in der Stunde/ Einheit/ Funktionalität (vgl. 2.) – Ziele
  • Sicherheit: erlaubt, machbar, Sicherheitsvorkehrungen…
  • Maßstab: Sichtbarkeit, Verbrauch von Stoffen…
  • Anschaulichkeit, Beobachtungen gut möglich?
  • Fokussierung: Eindeutigkeit des Phänomens, der Beobachtungen
  • Quantitativ oder qualitativ?
  • Welche Kompetenzen sollen entwickelt werden?
  • Inhaltliche Passung
  • Relevanz, Alltagsbezug, Kontextbezug…
  • Schulstufentauglichkeit
  • Anspruchsniveau
  • Selbstständigkeit
  • Dokumentation
  • Nachkochen oder entwickeln? Voraussetzungen
  • Vorwissen – experimentelle Kompetenzen
  • Lehrerversuch, Schülerversuch; Gruppen, Partnerarbeit
  • arbeitsteilig, Vergleichbarkeit
  • Qualität des Versuchs, fachliche Korrektheit und Reduktion
  • Fachsprache bei der Auswertung!
  • Anforderungen an Dokumentationen – Zeichnungen, Beobachtungen…
  • Hypothesenbildung, Problemorientierung
  • Visualisieren der Ergebnisse
  • Modellierung und Mathematisierung
  • Verzahnung der Betrachtungsebenen
  • Beobachtungen – Lenkung, Möglichkeiten, Genauigkeit…
  • Geräte – Laborapparate, einfache selbst gemachte Versuche, Freihandversuche, Alltagsgegenstände…
  • Kreativität
  • Zulassen verschiedener Lösungswege
  • Kritische Reflexion des Erkenntnisweges, der Versuchsergebnisse…
  • Schwerpunktbildung
  • Experimentelle Kompetenzen – Experimentierfähigkeit entwickeln
  • Vorbereitung, Aufwand, Effizienz
  • Umgang mit gescheiterten Lehrerversuchen
  • Aussagekraft der Ergebnisse – Vermeiden, Reflektieren von Verallgemeinerungen!
  • Eigene Weiterentwicklungen und Veränderungen von/an Versuchen zur Optimierung für den Unterricht vornehmen!
  • Lab-in-a-drop, Spritzentechnik, low-cost…

    Usw.

 

7Ist ein Versuch für den Unterricht geeignet? – Kriterien. Das MÜSSEN Sie immer beachten.

  • Fachliche Richtigkeit; angemessene Reduktion möglich
  • Angemessen bzgl. der Altersstufe und des Kompetenzstandes
    • kognitiv
    • praktische Fertigkeiten
  • Funktionalität innerhalb des Unterrichts gegeben
  • Verständliche Anleitung bzw. Hinführung/ Problemstellung…, Vorgehensweise transparent und verständlich – Versuch ist für die Schüler mit den gegebenen Informationen machbar
  • fachliche Grundlagen/ Erklärung entsprechend des Kompetenzstandes erarbeitbar
  • Vorkenntnisse/ Vorstellungen der Schüler werden beachtet
  • zeitlich machbar
  • Organisationsaufwand angemessen – Effizienz (Zeit – Ertrag)
  • hohe Gelingenswahrscheinlichkeit (oder durch Schüler geplante Versuche, die bewusst erprobt, optimiert… werden sollen); bei echten Experimenten soll das Problem lösbar sein, nicht aber jedes geplante Experiment sofort gelingen müssen
  • sicherer Ablauf
  • klare und relevante Phänomene
  • kumulatives Lernen, Spiralcurriculum… Der Versuch ist idealerweise auf mehreren fachinhaltlichen Niveaus erklärbar und kann später wieder aufgegriffen werden
  • Vorschriften werden beachtet
    • RiSU…
    • Gefahrstoffe; Substitutionsprüfung
    • Gefährdungsbeurteilung liegt vor
    • Schutzmaßnahmen werden beachtet
    • umweltgerechte Entsorgung

 

8Versuche und ihre didaktische Funktion

Ein Versuch muss eine relevante didaktische Funktion in der Stunde/ Einheit haben! Diese Notizen fassen die gebräuchlichsten Funktionen noch mal zusammen.

  • Einstieg
    • Probleme aufwerfen, kognitiver Konflikt, Fragehaltung erzeugen
    • Motivation (dieser Punkt ist mit Vorsicht zu genießen!)
    • Anknüpfung an den Vorunterricht
  • Teil innerhalb einer Problemlösestrategie (echtes Experiment)
    • Hypothesenformulierung, -überprüfung
    • gezielte Planung der Versuche durch Schüler
    • Falsifikationsversuche
  • Erarbeitungs-Versuche; meist nach enger Anleitung
  • Schülerübungen
    • Festigung, Vertiefung, Übung bezüglich
      • Inhalte – Wissen
      • Kompetenzen/ Fähigkeiten/ Methoden
  • Leistungskontrolle
    • als Teil von Arbeiten, Klausuren;
    • Schüler führen Versuch durch: praktische Arbeit als Teil der Bewertung
    • Lehrer zeigt Versuch, auf dem Teile der Arbeit aufbauen; Protokoll und Auswertung werden bewertet
  • Schauversuche

    haben keine relevante didaktische Funktion; eher bei Schulfesten etc.

  • Modellversuche

9Versuche im Unterricht: Was bedacht werden muss

  • Einbettung in den Unterricht
  • Organisationsform: arbeitsteilig, arbeitsgleich
  • Sozialform EA, PA, GA
  • Lehrer- oder Schülerversuch?
  • Aktivität aller Schüler oder Schüler-Demonstrationsversuch?
  • Zeitaufwand und Zeitdauer (Kurz- oder Langzeitversuch)
  • qualitativ, halbquantitativ, quantitativ? Blindprobe?
  • Größe des Versuchs und Chemikalien-Menge
    • Makromethode (Reagenzgläser…)
    • Halbmikromethode (Küvetten, Tüpfelplatten…)
    • Mikromethode (Objektträger…)
    • XXL: Schauversuch
  • Kosten des Versuchs – Geräte
    • low-cost
    • übliche Unterrichtsgeräte
    • teure high-cost-Apparaturen
    • Baukästen, Experimentiersets (käufliche)
  • Durchführung
    • Schule (Fachraum, draußen…)
    • Hausaufgabe
    • Exkursion (Xlab…)
  • Medien-Einsatz zur Unterstützung
    • Kamera/ Beamer
    • Projektor
    • Mikroskop
    • PC, Messwerterfassung
  • Realitätsbezug
    • Realversuche
    • Gedankenexperimente (sind aber keine praktische Arbeitsform)
    • Modellversuch
    • Analogieversuch
    • Simulation
  • Schwierigkeitsgrad der theoretischen Erfassung/ der Fachinhalte… didaktische Reduktion
  • Gefahrenpotential und angemessene Sicherheitsvorkehrungen
  • methodische Hilfen
  • sprachliche Fähigkeiten der Schüler und ggf. Hilfen zur Beschreibung von Phänomen und Beobachtung